Ein gemeinsamer Lebensraum

Der Feldhamster (Cricetus cricetus) und die Feldmaus (Microtus arvalis); zwei unterschiedliche Säugetierarten, die viele Gemeinsamkeiten verbindet. Beide sind ehemalige Steppenbewohner, die sich in vielen Gebieten Europas und Asiens niederlassen konnten. Ihre bevorzugten Lebensräume sind das Flachland; besonders der ländlich geprägte Raum. Kulturen wie Getreide und Raps, aber auch Samen und Kräuter stehen auf ihre Speiselisten. Diese Gemeinsamkeiten führen zu einem Interessenkonflikt, der nachfolgend veranschaulicht wird und ein zentraler Dreh- und Angelpunkt des Projektvorhabens CRIFORA ist.

Steckbrief: Feldmaus (Microtus arvalis)

Unter allen Säugetieren Mitteleuropas gilt die Feldmaus im landwirtschaftlichen Raum als die am häufigsten vorkommende Art. Ihre bevorzugten Lebensräume sind Äcker, Wiesen und Weiden; doch auch in lichten Wäldern kann sie angefunden werden. In Kolonien leben sie 40 bis 60 Zentimeter tief unter der Erdoberfläche in verzweigten Gangsystemen, wobei die Weibchen mit den Jungtieren zusammenlebt, während die Männchen Einzelgänger sind. 
Eine Besonderheit der Art ist, mit der keine andere Säugetierart mithalten kann, dass die Weibchen nach nur 13 Tage geschlechtsreif sind. Dies begünstigt die zyklisch auftretenden Massenvermehrungsereignisse der Art, die alle 3 bis 5 Jahre auftreten. Trotz zahlreicher Fressfeinde wie Eulen, Falken, Füchse, Wildkatzen und unter anderem Hermeline kann eine Feldmauspopulation in solchen Jahren Dimensionen annehmen, dass enorme wirtschaftliche Schäden auf landwirtschaftlichen Nutzflächen zu verzeichnen sind. Bis zu 80 Prozent Ernteeinbußen können die Folge sein.

Weite Teile Sachsen-Anhalts gelten als Risikogebiete für Feldmausschäden. Diese decken sich mit den Anbauflächen wichtiger landwirtschaftlicher Kulturen wie Wintergetreide und Raps. Um das Ausmaß der Schäden an diesen einzudämmen, stehen Landwirte mehrere Bekämpfungsmittel zur Verfügung, zu denen unter Einhaltung rechtlich bindender Vorschriften auch der Einsatz von Rodentiziden zählt. Diese Giftköder sind jedoch nicht nur für die Feldmaus gefährlich.

Steckbrief: Feldhamster (Cricetus cricetus)

Während die kleine Feldmaus ein Maximalgewicht von 50 Gramm erreichen kann und ohne Schwanz bis zu 12 Zentimeter groß wird, erreicht der Feldhamster ein Gewicht von bis zu 500 Gramm, bei einer Größe von an die 35 Zentimeter. Ihre Baue legen sie in lehm- und lössreichen Böden bis zu mehrere Meter tief an und bestehen aus mehreren Kammern mit unterschiedlichen Funktionen (Schlaf-, Vorratskammer, usw.). Feldhamster sind Einzelgänger und so wird ein jeder Bau von einem Tier bewohnt. 

Das Verbreitungsgebiet des Feldhamsters ist weltweit in den letzten Jahrzehnten im Zuge des Wandels der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung und der Aussaat von Kulturen wie Wintergetreide stark zurückgegangen. In manchen Ländern Europas kommen sie nur noch vereinzelt vor. Selbiges gilt auch für einige Bundesländer Deutschlands. Das flächenhaft größte Artenvorkommen findet sich in Sachsen-Anhalt, jedoch überschneiden sich diese Standorte stark mit den Risikogebieten für Feldmausschäden. Da für den Feldhamster ein absolutes Tötungs- und Störungsverbot (§ 44 BNatschG) gilt, ergibt sich aus dieser Überschneidung der Lebensräume der beiden Arten ein Interessenkonflikt: auf der einen Seite steht der Artenschutz, der vorsieht, den Feldhamster vor jeglichen Schaden zu bewahren; auf der anderen Seite steht die Bekämpfung der Feldmaus in Massenvermehrungsjahren, um die Population und somit die wirtschaftlichen Schäden klein zu halten. 
Jedes Vorgehen gegen die Feldmaus, zum Beispiel die Ausbringung von Giftködern, ist an der Sicherstellung gebunden, dass auf einer Fläche keine Feldhamster vorkommen. Gängige Methoden zur Bestandsermittlung erfordern dabei den Einsatz einer Menschenkette, die sich über einen Schlag bewegt, um sicherzustellen, dass kein Feldhamster auf diesem vorkommt. Ein kosten- und zeitaufwendiges Unterfangen. 

An dieser Stelle knüpft das Projektvorhaben CRIFORA an, das drohnengestützte Methoden zur Detektierung von Feldmaus- und Feldhamsterbaue entwickeln möchte, um die derzeitig eingesetzten Verfahren zu ergänzen oder zu ersetzen.